Wednesday, May 30, 2007

Flash Flood, Tornadowarnung und ein Haboob

Hallo,

die letzten beiden Tage boten wieder sehr spannendes und vielfältiges Wetter. Wohl selten kann man innerhalb von weniger als 48 Stunden heiße 31°C und staubige Straßen und 13°C im Wolkenbruch, strahlende Sonne bei böigem Südwind und heftige Gewitter inklusive schweren Staubsturm so dicht hintereinander erleben, wie es bei uns der Fall war.




Am Memorial Day (Montag), an dem man in den USA den Gefallenen der letzten Kriege und der Veteranen gedenkt, begann der Tag für uns in McCook, Nebraska. Ein Slight Risk wurde vom Storm Prediction Center herausgegeben und wir stellten uns auf starke Gewitter, möglicherweise auch auf ein oder zwei Superzellen ein. Die Windscherung war jedoch etwas schwach auf der Brust, daher sollten es wohl eher Gewitter werden, die vor allem von kühlen, kräftigen Abwinden bestimmt waren und weniger von rotierenden Aufwinden, Tornados und dergleichen.

Nun fuhren wir gestern nach einem geselligen Plausch mit den Pächtern eines Days Inn-Motels in McCook (nach leckeren Sandwichen wurden gleich auch mal Kontaktdaten getauscht) gegen Mittag auf einem einsamen Highway nach Norden durch die hügelige, recht karge Landschaft. Bei kräftigem Südwind wehten immer wieder flache Wolken von Süden heran, darüber gab es zunächst bis auf einige Cirren wenig zu sehen. Julian und ich nutzten die Zeit, um uns ein bisschen zu bräunen und nach irgendwelchem Getier Ausschau zu halten. Bald jedoch bildete sich südwestlích unseres Beobachtungsortes ein kleiner Cluster von etwas stärkeren Zellen.

Diese Zellen, genauer gesagt, eine dicke Version, zog nur sehr langsam und es bildeten sich an den Flanken dieses Sturmes immer wieder neue Gewitter. Schließlich gab der National Weather Service für die ganze Region eine Flash Flood-Warnung heraus, da man von großen Regenmengen und Überschwemmungen ausging. Wir versuchten zwischenzeitlich, nach Norden Richtung North Platte zu kommen und fuhren sogar noch auf der Interstate 80 nach Westen. Da sich aber herausstellte, dass von Westen her nicht mehr so viel nachkommen sollte und sich die Gewitter bei uns in der Nähe immer wieder neu bildeten, entschlossen wir uns für eine Fahrt zurück in Richtung McCook. Diese Option führte uns auch mittenrein in die Flash-Flood-Geschichte, nach einiger Zeit kamen die Wassermassen so dicht vom Himmel, dass wir keine 20 Meter weit sehen konnten. Links und rechts sammelte sich auf Wiesen und Feldern das Wasser, der Himmel war dunkelgrau bis braun und immer wieder flackerten irgendwo über uns Blitze. Selbst etwas Hagel war dabei uns wir brauchten gute 30 Minuten, um aus diesem Wolkenbruch wieder herauszukommen.


Irgendwann hatten wir es dann doch geschafft und wir schauten von der Südkante her auf dieses (mit kalter Luft in unsere Richtung wehende) System, als wir über das weather radio vernahmen, dass es innerhalb einiger Stunden nicht weit von unserem Highway entfernt gut 175 Liter Regen auf den Quadratmeter geschüttet hat. Davon betroffen waren leider nicht nur ländliche Gebiete, sondern auch ein paar Dörfer in der Gegend.

Am Abend entwickelten sich am Süd- und Südwestrand (für die Mets: dank LLJ) neue, starke Zellen und eine wurde sogar tornado-bewarnt. Das haben wir uns aus der Nähe angesehen. Tatsächlich bildetete sich für etwa 15-20 Minuten eine Zirkulation aus, jedoch war die Luft in der Umgebung des Sturmes vom vorherigen Regen eher kühl und stabil, es ist also nichts aus der Tornadowarnung geworden. Schön zu beobachten war jedoch, wie sich die Zelle kurzzeitig sehr verstärkte und die Blitzrate in die Höhe ging. Immer wieder hämmerten auch grelle Blitze in den Boden.

Später am Abend boten uns weitere Zellen noch ein Feuerwerk, wie ich es selten gesehen habe. Es erinnerte an mehrere Stroboskoplampen, die wie verrückt flackerten... Fotos gibt es leider keine, dafür später aber noch Videos.

Am Dienstag dann machten wir uns recht zeitig in eine neue "Target area" auf, diesmal sah es nach den morgendlichen Daten nach Unwettern im Südwesten von Kansas und im Südosten von Colorado aus. Also ging es nach kleinem Frühstück (an dem auch eine Stormchaser-Tour von Roger Hill mit über 20 Leuten teilnahm) nach Süden in Richtung Garden City, Kansas. Dort angekommen stellten wir bei immerhin starkem Südwind und flachen Cumuluswolken fest, dass die Luft recht trocken war (Taupunkt: 14°C) und es nach Westen hin nicht mehr, sondern sogar weniger Wolken gab. Irgendwas stimmte nicht und ein neuerlicher Datencheck bestätigte unser Gefühl, das Slight Risk hat sich mal eben um gute 200 Meilen nach Nordwesten verschoben. Nach Superzellen sah es in unserer Region nun erstmal gar nicht mehr aus und daher fuhren wir wieder nach Norden zurück, ärgerlich, aber das Wetter lässt sich nicht immer in die Karten schauen. Über Colorado ging es derweil schon rund mit mehreren starken Unwettern und einigen Tornadowarnungen. Diese ganzen Gewitter sollten in den darauffolgenden Stunden weiter nach Osten und Südosten gen Kansas wandern.

Auf dem Weg nach Nordwesten über die Interstate 70 piepte das Weather radio wieder und es gab gleich mehrere Warnungen vor Orkanböen und Hagel aus einer riesigen Linie. Den Rand derselben erreichten wir dann westlich der kleinen Stadt Colby und es wurde im gesamten Westen und Nordwesten pechschwarz. Diese Walze bewegte sich mit 50 km/h nach Osten und der Wind fegte in der Böenfront dermaßen heftig, dass Unmengen von Staub und Erde nach oben gerissen und über die Landschaft verfrachtet wurden. Diese ganze Sturmfront veränderte sich langsam zum Staubsturm und der Himmel wurde unheimlich braun.

Bei Brewster ließen wir uns an einer kleinen Tankstelle überrollen und es wurde prompt stürmisch, kalt und überall war Staub, in riesigen Wolken wehte er über die Landschaft, der Wind wurde stärker und zerrte an Schildern und Büschen, in nahen Stromleitungen heulte es.
Nach einer ersten schwächeren Phase donnerten dann noch ein paar Böen über unseren Standort hinweg und weitere Massen an Staub, Erde und kleinen Steinchen wurden hochgerissen. Auf Video kann man die Dynamik des ganzen gut erkennen, das Schneiden der Clips muss aber noch warten.
Nach einiger Zeit machten wir uns wieder auf den Weg nach Osten (auch aus Sorge um unser Equipment wg. Staub) und versuchten, aus dem System herauszukommen. Viel später gelang uns das dann auch und wir landeten schließlich wieder mal in Hays, Kansas. Die Linie lag nun um 23h noch westlich der Stadt, während wir bei böigem Südwind und schwülen 20°C schnell etwas neben dem Motel ein paar Bierchen kauften. Beim Blick aufs Radar war klar, einer der intensivsten Teile der mittlerweile über 200 km langen Linie genau auf Hays zuhielt. An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass wir nach unserem Tornado vom letzten Dienstag in Hays schon einmal einen schweren Downburst (Fallböen im Gewitter) mit 120-140 km/h erlebt haben. Sollte es diesmal ähnlich kommen? Die Warnungen klangen so, Böen über 100 km/h waren möglich. Nach wenigen Minuten ging es dann schon los, erst mit Staub, dann mit Wolkenbruch. Das Wasser wurde in Schwällen durch die Stadt gepeitscht, die Spitzenböen lagen hier in der Gegend bei 103 km/h.

Aktuell bläst es draußen noch immer heftig, das meiste ist aber durch. Auch wenn es nicht für einen Tornado gereicht hat (es gab heute fünf Meldungen, allerdings nur sehr kurzlebige Ereignisse in Colorado), so war es doch ein recht beeindruckendes Chasing.

Ciao,
Lars + Julian

1 comment:

Frank Wettert said...

Guten Tag Lars,

leider gibt es keine Möglichkeit, Dich direkt zu kontaktieren (ein Impressum wäre nötig), darum kommentiere ich.

Was hältst Du von einem Linktausch mit meinem Wetter-Blog? Damit könnte ich meine GEIL deutlich anwürzen.

Melde Dich bei Gelegenheit, das wäre fluffig. Gruß,

Frank.